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Lebensraum für Speierling, Elsbeere und Hirschkäfer

„Quer-Wald-ein“-Exkursion der Katholischen Landvolkbewegung Würzburg durch den Kirchenwald „Heiligenhölzchen“

Güntersleben (POW) Auf den ersten Blick sieht der Stiftungswald „Heiligenhölzchen“ zwischen Güntersleben und Thüngersheim aus wie jeder andere Wald. Doch wer das 22 Hektar große Waldstück betritt, entdeckt schnell, dass hier manches anders ist. Zumal wenn man mit einem Fachmann wie dem Würzburger Stadtförster Karl-Georg Schönmüller unterwegs ist, der sich als Waldbeauftragter seit mehr als 30 Jahren um dieses Kleinod kümmert. So gab es auch für die Gruppe von zwölf Waldbegeisterten viel zu entdecken, die Mitte Juni an der „Quer-Wald-ein“-Exkursion der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) Würzburg teilnahm. „Kirchen als Waldbesitzer sind dem Schutz der Schöpfung in besonderer Weise verpflichtet“, hieß es in der Einladung zu der Exkursion mit dem Titel „Artenvielfalt erleben: Alternative Forstwirtschaft im Kirchenwald Güntersleben“.

Der Kirchenwald ist ein typisch fränkischer Wald, wie er früher einmal war. Das heißt, es gibt kaum Nadelholz, dafür viele Laubbäume und Unterholz. Da Schönmüller und seinem Team von Ehrenamtlichen nicht nur der Erhalt dieser Waldstruktur, sondern auch die Förderung der biologischen Vielfalt am Herzen liegen, werden hier auch seltene Bäume wie Speierling, Elsbeere und Wildbirne gepflanzt. Darüber hinaus werden Bäume und Totholz kartiert. Für ihr Engagement wurde die Kirchenstiftung Sankt Maternus in Güntersleben, in deren Besitz sich das „Heiligenhölzchen“ befindet, 2016 mit dem Bayerischen Biodiversitätspreis des Umweltministeriums ausgezeichnet.

Erste Station war eine mächtige, etwa 200 bis 300 Jahre alte Eiche am Waldesrand. „Bäume sind für uns die einzige lebendige Verbindung in die Vergangenheit“, sagte Schönmüller. Mit ihrer ausladenden Krone und dem kurzen Stamm erinnert dieser Baum an Eichen im Mittelalter. Damals sei das Vieh zur Fütterung in den Wald getrieben worden. „Unter Eichen wachsen die besten Schinken“, zitierte er ein lange gültiges Sprichwort, denn Schweine gediehen besonders gut, wenn sie viele Eicheln fressen. Alle fünf bis sieben Jahre gibt es ein „Mastjahr“ mit besonders viel Eicheln – und früher mit entsprechend üppigem Schinken.

Danach ging es quer durch den Wald. Diesen zu verjüngen, ist dem ehrenamtlich tätigen Waldbeauftragten der Kirchenstiftung ein wichtiges Anliegen. So werden etwa „kleine Lichtschächte“ angelegt, damit der Wald von unten nachwachsen kann. Denn einen Wald auf einer Kahlfläche neu anzulegen, ist nach seinen Worten „sehr schwierig“. Auf einer Lichtung machte Schönmüller Halt und las eine Passage aus der Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus vor. Auf die Frage, welche Beziehung sie zum Wald haben, wurde deutlich, dass für die meisten Teilnehmenden der Wald eine besondere Bedeutung hat, sei es, weil sie selbst Waldbesitzer sind, sei es, weil sie von Kindheit an positive Erfahrungen mit dem Wald sammeln durften.

Schönmüller wies auf die Bedeutung des Waldes gerade in Zeiten des Klimawandels hin. Holz sei nach seinen Worten der einzig nachwachsende Rohstoff und somit nach wie vor ein wichtiger Baustoff. Zudem nehme der Wald Energie auf und kühle sein Umfeld wie „eine kleine Klimaanlage“. In Würzburg wäre es ohne Wald vier bis fünf Grad wärmer. Dabei habe sich in den vergangenen Jahren gezeigt, wie gut manche Baumarten extreme Hitze und Dürre aushalten. „Das hat mich überrascht“, gestand Schönmüller. Vor allem Eichen zeigten sich, ebenso wie der Feldahorn, sehr widerstandsfähig. Die bis zu 150 Jahre alten Buchen im „Heiligenhölzchen“ kämen mit den geänderten klimatischen Bedingungen allerdings weniger gut zurecht, etliche seien bereits abgestorben. Doch damit seien sie nicht nutzlos. Sie dienen zum Beispiel als Nährstofflieferanten, bieten Kleintieren und Käfern Lebensraum und sind wichtig für die Entwicklung von Larven, etwa der des sehr seltenen Hirschkäfers, der dort schon gesichtet wurde.

Auch der Waldboden wurde in Augenschein genommen. Er ist sehr steinig, aber im Gegensatz zum Acker- oder Weinbergsboden ursprünglich und unbehandelt durch den Menschen. Der Wald schützt den Boden sowohl vor Erosion als auch Austrocknung. Allerdings sei der Boden gefährdet, denn Straßenbau, Industrie und Häuser fordern einen hohen Tribut. Schönmüller erklärte, dass jeden Tag allein in Bayern eine Fläche von 17 Fußballfeldern neu versiegelt werde und somit der Natur nicht mehr zur Verfügung stehe. Dazu komme, dass wertvoller Boden wie Löß durch Wind und Wasser abgetragen werde. Wenn sich zum Beispiel der Main nach starkem Regen braun färbe, werde Boden abgeschwemmt und versande dann in irgendwann in der Nordsee.

Nach rund zwei Stunden Marsch durch den Wald schenkte Schönmüller an der letzten Station Wein aus. Er erinnerte daran, dass sich der Name der in Franken vielfach angebauten Rebsorte „Silvaner“ vom Lateinischen „silva“ ableite, was Wald bedeute. Zum Abschluss trug eine Teilnehmerin ein Gedicht vor, das von einer Buche und Bewohnern handelte.

ws (POW)

(2724/0681; E-Mail voraus)

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