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Ost-West-Ökumene in Schwierigkeiten

Würzburg (POW) Mangelnde gegenseitige Kenntnis und Ängste vor dem Westen mit seiner sich ausbreitenden Tradition, Lebensweise und Kultur gen Osten sind die Ursachen der gespannten Situation zwischen Ost- und Westkirche. Das hat Erzbischof Longin, Ständiger Vertreter der Russischen Orthodoxen Kirche in Deutschland, bei der Tagung „Ökumene zwischen Ost und West in der Krise?“ am Samstag, 1. Februar, im Sankt Burkardushaus vor über 80 Teilnehmern betont. Veranstalter war die Katholische Akademie Domschule in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (AcK) in Bayern und der Catholica Unio. „Wir müssen auf beiden Seiten akzeptieren, dass jeder seine eigene Tradition und seinen eigenen Glauben hat.“ Eigene Identität und Kultur seien eine Bereicherung. Menschen in Russland hätten zunehmend Angst, diese zu verlieren.
 
Heftige Vorwürfe erhob der Bischof bei seinem Vortrag gegen die Massenmedien, die „leider sehr selten objektive Berichterstattung“ betrieben. „Nur Negatives wird geschrieben.“ Gleichzeitig räumte er ein, dass Medienkontakt zugleich ein äußerst wichtiges Mittel sei, Informationen zu transportieren. „Immerhin sind wir mit anderthalb Millionen orthodoxer Christen die drittgrößte christliche Konfession in Deutschland.“ Longin selbst ist 1946 in Emigration in Helsinki geboren, lebt seit 1979 in Düsseldorf und ist seit 1992 Erzbischof von Klin. Studiert hat er an der Leningrader geistlichen Akademie, die als federführend für Ökumenebeziehungen mit dem Westen gilt.
 
Erzbischof Longin führte historische Hintergründe aus, die zu den Schwierigkeiten in der östlich-westlichen Ökumene geführt hätten. Er nannte den Zerfall der UdSSR und den Zusammenbruch des Regimes, wo nach 1988 „jeder seine eigenen Brötchen gebacken“ habe. „Der Westen hat schnell gesehen, dass dies ein Feld für Mission ist“, sagte Longin. In Russland herrsche noch immer großes Misstrauen gegen den Westen. Vor allem seien ältere Menschen skeptisch, die bereits im Zweiten Weltkrieg leidvolle Erfahrungen mit Deutschen gemacht hätten.
 
Zusätzlich schilderte Erzbischof Longin soziale Faktoren, die seiner Meinung nach ausschlaggebend für diese Vorsicht sind. Ein Hindernis für einen Dialog sei die nicht vorhandene gemeinsame Sprache, selbst in den sowjetischen Staaten. Da die orthodoxe Kirche in Russland nur über geringe finanzielle Mittel verfüge, könne sie sich vieles nicht leisten, was andere Glaubengemeinschaften praktizierten. Dringlichste Aufgaben seien der Wiederaufbau der Gotteshäuser und geistliche Lehranstalten mit kompetentem Personal.
 
„Nur wenn die Lehrer offener sind, sind es auch die Absolventen“, kombinierte Erzbischof Longin. Er forderte einen Austausch unter Studenten, denn „viele waren nie im Westen, haben nie Protestanten oder Katholiken kennen gelernt“. Er bedauerte, dass seine Kirche oft nicht in der Lage sei, sich am Aufbau des Sozialwesens zu beteiligen. „Dafür brauchen wir Finanzmittel, aber wir bekommen keine.“ Den Einsatz mancher westlicher Hilfsorganisationen wertete Longin als „psychologisch sehr schwer“, da die Bevölkerung das Gefühl habe, sich als ehemals reiches Russland ernähren zu lassen. „Es wäre anders, wenn Betroffene zur Kirchenleitung gehen könnten und von dort Unterstützung erführen“, schlug der Erzbischof vor.
 
Noch immer hafte der Russischen Orthodoxen Kirche zudem das Image der Staatskirche an, die sie bis 1917 unter der Zarenherrschaft war. „Vielmehr wollen wir ein Gewissen in der Gesellschaft sein und alle Politiker zur Vernunft bringen“, hob er hervor.
 
Professor Reinhard Thöle vom Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim fasste in seinem Beitrag „Ökumene als Lernprozess. Wie die Kirchen in Ost und West einander besser verstehen können“ historische und theologische Faktoren für die beiderseitigen Missverständnisse zusammen. Leicht könne man den Eindruck bekommen, diese Ökumene stecke in einer ausweglosen Krise. Er schlug jedoch vor, dass sich die Kirchen, was ihr theologisches Konzept betrifft, lieber exemplarisch als exklusiv verstehen sollten. Weiter forderte er die Rückkehr zu einem besonderen Charakter des Dialogs, der theologische, liturgische und spirituelle Realitäten beschreibt. Als konkretesten Schritt nannte er die Rückbesinnung auf das gemeinsame Glaubensbekenntnis aus dem Jahr 381, das alle Kirchen trotz unterschiedlicher Rezitation gemeinsam hätten.
 
Zu Beginn der Tagung hatte Weihbischof Helmut Bauer die Teilnehmer begrüßt und zum Dialog mit den Ostkirchen eingeladen.
 
(0603/0170; Telefax voraus)